HIER WÄCHST NICHTS
Jörg Pfenningschmidt
Jonas Reif
Ulmer Verlag
Vorbemerkung: Nachdem ich mit größtem Vergnügen, Staunen und Tränen in den Augen (durchaus durch Lachen und Weinen ausgelöst) dieses Buch verschlungen habe, habe ich es meiner Freundin und Nachbarin Christina aufgedrängt, die es sich nicht nehmen lassen wollte, diese Rezension zu schreiben.
Ich teile allerdings komplett ihre Meinung.
Dieses Buch ist großartig. Angefangen mit dem Titelbild, das vermutlich in meinem Garten aufgenommen wurde. Allein mich in der lapidaren Überschrift „Hier wächst nichts“ wiederzuerkennen, löste eine Art befreiende Heiterkeit in mir aus (man muss in dem Zusammenhang wissen, dass Frau Cottage-Garten meine Nachbarin ist).
Das Buch hat irgendwie mit Gärten zu tun, worum es allerdings genau geht, hat sich mir noch nicht ganz erschlossen. Aber das ist nebensächlich. Denn es macht Freude. Große Freude. Immer. An jeder Stelle. Egal, wo ich es aufschlage und lese – hatte ich einen schlechten Tag, ist er danach gerettet. Hatte ich einen guten Tag, ist er danach noch besser.
Der Autor, besser gesagt die Autoren, es sind zwei, sind offenbar Gärtner. Zumindest schreibt Jörg Pfenningschmidt über sich, dass er als Gärtner bezeichnet wird, aber eigentlich Planer und Gartengestalter ist. Über den zweiten Autor, Jonas Reif, habe ich nichts gefunden (Anmerkung von My Cottage Garden: Jonas Reif, Landschaftsplaner und leidenschaftlicher Hobby-Gärtner, war bis September 2018 verantwortlicher Redakteur bei der Gartenpraxis), was vielleicht auch daran liegt, dass ich das Buch erschöpft von Lachkrämpfen immer wieder beiseitelegen muss, bevor ich weiterlesen kann.
Worüber schreiben die Autoren? Sie klären auf und rechnen ab mit den Auswüchsen einer allgemeinen neu entdeckten Liebe zur Natur, die in ihrem Überschwang manchmal den Boden unter den Füßen verliert. Sie beschreiben den oftmals eigenwilligen und verkünstelten Umgang mit Gärten, über die Irrungen und Wirrungen, die so mancher Gartenbesitzer durchläuft, bis sein Garten perfekter Ausdruck seiner eigenen Persönlichkeit geworden ist.
Seien es Vorgärten in angesagter minimalistischer Ausprägung – „Schotter ohne Ende“ –, sei es die Fülle von Gartenbüchern, die das neue Gärtnern in Hochglanz demonstrieren – „diese Menschen zeigen uns hier zum Beispiel, wie man richtig Rosen schneidet. Nie die Rose ansehen beim Schnitt, sondern immer die Kamera!“ – oder grobe Missverständnisse bei der Gartenpflege: „Aus diesem Wirkungskreis entstammt das Wort ‚Hausmeisterschnitt’. Das bedeutet, dass alles, was nicht weglaufen kann, einem Universalschnitt unterzogen wird. Meist halbrund in Kopfhöhe. Halbrund Rose. Halbrund Weigelie. Halbrund Felsenbirne. Halbrund Bambus. Wenn die Opfer solcher Halbrund-Massaker dann im Garten nebeneinander stehen, weiß man immer, wie groß der Gärtner war, der das geschnitten hat.“
Auch so kommt Farbe in den Garten: Ein Hamburger Vorgarten nach dem Verzehr von 200 Mohnbrötchen.
Foto: Hier wächst nichts
Statt Schotter- und Kiesgärten, eine andere Möglichkeit den Kleingarten pflegeleicht zu gestalten.
Foto: Hier wächst nichts
Die Autoren scheuen sich dabei nicht, mit hartnäckigen Vorurteilen aufzuräumen: „Ob Rasen oder Holz: Schnitt ist Männersache. Im Garten gilt noch eine sehr archaische Arbeitsteilung. Dabei sind Frauen für das Schöne zuständig. Farben, Formen, Pflänzchen. Männer hingegen für grobes Mithelfen: Krawall, Qualm und Technik. Das können wir.“
Auch an Gesellschaftskritik wird nicht gespart, so werden neue Züchtungen wie die vegane fleischfressende Pflanze aus Berlin-Mitte vorgestellt oder vor Handpumpen im Außenbereich von Kitas gewarnt, weil sie echte Killer sind und jedes Jahr Tausende von Kindern gegen harte Handpumpen prallen.
Die Garten-Message? Ich glaube, sie lautet einfach: Down to earth. Und schauen, was so wächst. Und dabei einfach mal entspannt bleiben. Ist im Grunde auch nicht so wichtig, denn das Buch macht vor allem gute Laune, egal, ob hier jetzt was wächst oder nicht.
Text: Christina Jacob